Belladonna
( Tollkirsche ) , Atropa belladonna
Schlafkirsche, Schafsbinde, Schwindelkirsche, Irrbeere,Teufelsbinde, Teufelskirsche, Wolfsbeere, Waldnachtschatten, Wutbeere.
Belladonna in der Homöopathie
Leitsymptome:
- Röte, Brennen, Hitze, Schwellung und Pulsieren in den betroffenen Teilen
- Heftigkeit und Plötzlichkeit aller Symptome
- Hohes Fieber mit rotem Gesicht, klopfenden Halsschlagadern und kalten Extremitäten
- Erweiterte Pupillen
- Überempfindlichkeit aller Sinnesorgane
- Heftige Gemütssymptome während des Fiebers
- Empfindlichkeit des Kopfes gegen Zugluft, Kälte und Nässe
- Krämpfe und krampfartige Schmerzen mit Besserung beim Rückwärtsbeugen
Geschichte:
Der Name Tollkirsche bezieht sich auf die Vergiftungssymptome, die sie hervorrufen kann: Tollheit, Wildheit. Der botanische Gattungsname Atropa kommt aus dem griechischen und bedeutet: unabwendbar, grausam. Atropos ist jene griechische Schicksalsgöttin, die den Lebensfaden abschneidet.
Vor 10.000 Jahren wurde Belladonna in Europa schon als Pfeilgift, seit der Antike als Schmerzmittel genutzt. Es gibt Geschichten, in denen Kriege mit dem Gift der Pflanze entschieden wurden, indem man es Wein und Branntwein zufügte, um so den Gegner zu töten oder zu narkotisieren. Im Mittelalter diente der Beerensaft als Schminkmittel. Später wurde der Saft in die Augen geträufelt, um größere Pupillen zu haben. Sehstörungen wurden für die Schönheit gerne in Kauf genommen. Im 19. Jahrhundert wurden Wurzel- und Krautextrakte zur Behandlung von Gelbsucht, Gicht, Tollwut, Wassersucht, Keuchhusten, Nervenkrankheiten, Scharlach, Epilepsie, als Aphrodisiakum und zur Abtreibung verwendet.
Verbreitung:
Die Tollkirsche ist in Europa, Asien und Nordafrika heimisch. Sie bevorzugt Laub- und Mischwälder mit kalkhaltigen Böden. Vor allem auf Lichtungen, an Waldschlägen und Waldrändern bis 1700 Höhenmetern ist sie zu finden.
Beschreibung:
Die ausdauernde, krautige Pflanze wird ein bis zwei Meter hoch und blüht zwischen Juni und August. Blätter und Stängel sind flaumig behaart. Die einzeln hängenden Blüten haben eine glockig-röhrige Form und sind außen violett gefärbt. Leicht zu erkennen sind die kirschgroßen reifen Früchte im August und September, die auf sternförmigen Kelchblättern sitzen und anfänglich grün, später glänzend schwarz lackartig werden. Der Saft der kernreichen Beeren ist violett, nur leicht süß, etwas bitter und stark adstringierend ( hinterlässt ein pelziges Gefühl im Mund ).
Vergiftung:
Alle Pflanzenteile sind sehr stark giftig. Die Tollkirsche nimmt eine der führenden Stellungen in den Statistiken der Giftnotrufzentralen bei Pflanzenvergiftungen ein. Die Todesrate innerhalb von 14 Stunden durch Atemlähmung nach der Einnahme von 3-4 der saftigen, gutschmeckenden Beeren bei Kindern und 10-12 Beeren bei Erwachsenen, beträgt ungefähr 10 %. Die Dauer der Hauptwirkung beträgt 3 bis 4 Stunden, am Auge kann sie 3 bis 4 Tage anhalten. Ab 0,3 g der Blätter können auch schon Vergiftungserscheinungen auftreten. Vögel haben gegenüber der Tollkirsche keine Empfindlichkeit.
Pharmakologische Wirkung: Atropa belladonna hemmt Acetylcholin, das zur Reizweiterleitung zwischen den Synapsen dient.
Neben Gerbstoffen und verschiedenen Nebenalkaloiden sind in der Pflanze die wichtigsten Alkaloide Atropin, L-Hyoscyamin bis 70 % und wenig Scopolamin enthalten.
Nach der Einnahme von Pflanzenteilen der Tollkirsche stellen sich bereits nach 15 Minuten die ersten Vergiftungserscheinungen ein. Es kommt es zu einer sehr starken Erregung, die sich oft in erotischer Hinsicht darstellt. Mund, Rachen und Kehlkopf werden rau und trocken. Es kommt zu Schluck- und Sprachstörungen. Der quälende Durst kann durch die Schluckbeschwerden nicht gestillt werden. Die Haut färbt sich rötlich und ist trocken und heiß. Fieber stellt sich ein. Der Vergiftete wird euphorisch, es können aber auch Weinkrämpfe auftreten. Oft kommt es zu Bewegungsdrang, Rededrang, Schreien und Irrereden. Diese Anfälle können sich öfters wiederholen. Räumliche und zeitliche Orientierung gehen verloren. Halluzinationen, Delirien, Kopfschmerzen, Schwindel, Zittern, Schwanken und Übelkeit sind vorhanden.
Die Erregung steigert sich zu regelrechten Tobsuchtsanfällen, zum Teil mit Krämpfen, die eine epileptische Form haben und plötzlich und unerwartet auftreten können. Die Pupillen sind erweitert, es kommt zu Lichtscheu und Doppelsehen. Die bis zu wochenlang anhaltenden Sehstörungen können in schweren Fällen bis zur Blindheit führen. Es kommt zu einem starken Herzklopfen und auffälligem Pulsieren der beiden Halsschlagadern. Der Blutdruck steigt und der Puls geht auf 160 Schläge in der Minute. Die Atmung ist vertieft und stark beschleunigt. Der Patient ist erschöpft und wird zunehmend bewusstlos und fällt in einen Schlafzustand. Die bis zu diesem Zeitpunkt anhaltende rote Farbe des Gesichtes ändert sich in eine bläuliche Farbe. Nun sinkt auch die Körpertemperatur. Noch aus diesem Stadium heraus kann sich der Vergiftete wieder erholen oder er verstirbt im Koma an der zunehmenden zentralen Atemlähmung.
Maßnahmen:
Bei einem vergifteten Patienten muss sofort der Notarzt gerufen werden. Hilfreich sind medizinische Kohle und Zitrone. Als spezifisches Antidot gibt der Arzt Physostigminsalicylat.
Arzneimittel:
Belladonna ist ein Heilmittel für Menschen, die weitgehend robust, selten, aber wenn, dann heftig krank sind. Kinder, die sich mit 39 Grad Fieber noch wohl fühlen und dann über 40 Grad plötzlich abbauen.
Meist bei akuter Symptomatik eingesetzt, bei beginnenden plötzlichen, heftigen Entzündungen. Pulsierende Schmerzen mit Rötung, Brennen und Hitze stehen im Vordergrund. Mann spürt die Abstrahlung der Hitze. Die geschwollenen Teile sind berührungsempfindlich. Es gibt Blutstau im Kopf mit erweiterten glänzenden Pupillen. Heißer Kopf und kalte Extremitäten sowie Überempfindlichkeit aller Sinne. Auslöser können z.B. Abkühlung nach Haarwaschen, Zugluft, unterdrückter Schweiß oder Sonnenhitze sein. Akne, Migräne, Hinhautentzündung, Kopfschmerzen, Augen-, Ohr-, Nebenhöhlen-, Mandel- und Zahnentzündung, Bauchkrämpfe, Menstruationsschmerzen, Verstopfung, Gelenk- und Blasenentzündung, Ischialgie, Grippe und Bluthochdruckkrisen sind einige Einsatzgebiete. Allgemeine Verschlimmerungszeit ist 15:00 Uhr. Weiter herrschen eine große Empfindlichkeit gegen Berührung, Licht, Geräusche, Bewegung und Erschütterung vor. Die Beschwerden kommen und gehen plötzlich. Belladonna ist auch ein wichtiges Mittel zur Prophylaxe gegen Scharlach.
Psyche:
Lebhafte, schreckliche Halluzinationen besonders bei Fieber mit heißem rotem Gesicht und kalten Händen und Füßen treten auf. Beißen, Spucken, an den Haaren reißen und Zähneknirschen sind wichtige Teile der Belladonna- Symptomatik. Verzweiflung wegen Schmerzen. Der Patient schlägt sich selber und auch seinen Kopf gegen die Wand. Er knurrt wie ein Hund und hat Furcht vor Hunden. Er knirscht mit den Zähnen, möchte nackt sein und hat Furcht vor Geistern, Gespenstern und Dämonen. Alles hat Hörner, ist schwarz und riesig. Er hört und riecht Falsches, hat Alpträume und lacht laut und wild. Er schreckt auf, zittert und möchte weglaufen. Er ist schläfrig, kann aber nicht einschlafen, elektrische Schläge durchzucken ihn. Kinder wachen schreiend auf, wissen nicht wieso und wollen nach Hause.
Kopf:
Das Homöopathische Arzneimittel Belladonna hat Bezug zu einem auf Kälte und Nässe empfindlichen Kopf. Kopfschmerzen nach Haarwaschen oder nach dem Haarschneiden sind ein Ausdruck davon. Die Kopfschmerzen werden schlimmer durch nach vorne Bücken und bessern sich, wenn der Kopf nach hinten gelegt oder ins Kissen gebohrt wird. Es kann auch Kopfschmerz durch unterdrückten Schnupfen oder durch Stockschnupfen auftreten. Die Schmerzen mit Hitzegefühl sind drückend und pulsierend, als wäre der Kopf zu voll. Belladonna ist ein wichtiges Mittel für Sonnenstich, Migräne, Hirnhautentzündung sowie Gehirnerschütterung. Die Schmerzen werden schlimmer durch: Licht, Sonne, Berührung, Geräusche, Gerüche, Zugluft und durch flaches Liegen. Die Schmerzen werden erleichtert durch festen Druck.
Die Kopfhaut ist überempfindlich, der Patient hat das Gefühl an den Haaren gezogen zu werden. Der Kopf ist heiß, und die Füße sind kalt. Es gibt Schwindel beim Bücken und bei Lagewechsel, Gesichtsschmerz durch Kälte.
Auge:
Die Augen sind gerötet, feucht glänzend, funkelnd und lichtempfindlich. Der Schmerz ist drückend, pulsierend, und der Blick ist starr. Die Pupillen sind unbeweglich, und die Schmerzen werden schlimmer durch Bewegung der Augen und Gesichtsmuskelzuckungen.
Mund, Hals :
Der Mund ist trocken mit Abneigung zu trinken. Zahnungskrämpfe mit Fieber sowie Stottern gehören ebenso zum Belladonna-Bild.
Die Mandeln sind vergrößert, besonders die rechte ist empfindlich und sie können häufig eitern. Trinken sowie das Einatmen von kalter Luft verschlechtert die Halsschmerzen. Es gibt ein Engegefühl beim Schlucken. Man sieht wie die Halsschlagadern pulsieren.
Ohren:
Ohrenschmerzen erstrecken sich zum Gesicht oder zum Hals. Pulsierende, reißende, stechende Schmerzen mit Geräuschüberempfindlichkeit werden im Liegen schlimmer. Ohren und Gesicht sind rot. Die Ohrspeicheldrüse ist geschwollen.
Brust:
Belladonna ist eins der Hauptmittel bei Keuchhusten. Der Husten klingt laut bellend. Es gibt stechende Brustschmerzen beim Husten. Asthma wird schlimmer in feuchter, warmer Luft und man hat ein Gefühl von Staub in der Lunge. Der Kehlkopf ist sehr schmerzhaft.
Magen:
Magenschmerzen durch Erschütterung werden begleitet von roter Gesichtsfarbe und erstrecken sich bis zum Rücken. Die Magenschmerzen werden durch Vorwärtsbeugen besser. Belladonna ist ein wichtiges Mittel für Krämpfe oder Schmerzen nach verdorbenem Fleisch. Bei Beschwerden mit Fieber hat der Patient häufig Verlangen auf Zitronenlimonade und kalte, frische Sachen.
Blase:
Blasenkrampf, Reizung und Entzündung mit intensivem Brennen sind ebenso Belladonna-Symptome wie ständiger Harndrang mit nur tröpfelndem Urinabgang besonders nach Kaltwerden.
Weibliche Genitalien:
Krampfhafter, nach unten drängender Schmerz während der Periode, verbunden mit dem Gefühl, der Rücken würde zerbrechen. Der Patient/in muss sich zusammenkrümmen. Belladonna ist auch ein wichtiges Mittel während der Geburt, wenn sich der heiße, harte, trockene Muttermund nicht öffnet, die Wehen zu schwach sind und der Schmerz in den Kopf schießt. Bei den Wehen kann es zudem noch zu Wadenkrämpfen kommen. Hilfreich ist Belladonna auch bei drohendem Abort mit heißem, hellrotem Blut. Brustentzündung mit roten Streifen sowie Eierstock- und Gebärmutterentzündungen sind ebenso Einsatzgebiete von Belladonna.
Fazit:
Belladonna ist eins der wichtigsten Mittel bei aller Art von plötzlich einsetzenden Entzündungen, egal ob bei einem Pickel oder bei Hirnhautentzündung.